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by SRN2015 | in Business | 0 comments
Ein Fachartikel von Sabine Böttcher und Karl-Hans Schlehenkamp.
Vielen Unternehmen fällt es heute schwer, neue, geeignete Mitarbeiter zu gewinnen und einzustellen. Das gilt für Auszubildende genauso wie für Fach- und Führungskräfte. Die Gründe dafür sind vielschichtig.
1. Veränderte Rahmenbedingungen und deren Folgen
In den vergangenen Jahren sind in den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft in relativ kurzer Zeit massive Veränderungen eingetreten, die unter anderem auch zu Problemen bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter führen.
Allein das seinerzeit von der Wirtschaft geforderte G 8 führt zu einer Beschleunigung, einem „Vernutzen“ der Zeit (vgl. Hartmut Rosa), die keinen Raum lässt für produktive Langeweile, für das Lernen durch Erfahrung. Jugendliche haben nach der Schule Leistungsnachweise und „ein bisschen Wissen zum Ausspucken“ * erworben; die Zeit für die Entwicklung einer gefestigten Persönlichkeit hat allerdings gefehlt.
Als Folge beobachten wir Jugendliche, die unselbständig sind, denen es häufig an sozialer Kompetenz, wie Diskutieren, andere Meinungen aushalten, Streit schlichten, Interesse am Zwischenmenschlichen, für das Gegenüber usw. mangelt und die mit einer Versorgungsmentalität aufwachsen.
Leider setzt sich dieser Trend an den Hochschulen fort. Aus Abiturienten werden in möglichst kurzer Zeit Bachelor-Absolventen „produziert“, die dann in die Unternehmen drängen.
Wird nicht mit Verweis auf die wirtschaftliche Konkurrenz in den Zeiten der Globalisierung an den Schulen und Hochschulen in unserem Land zu viel Wert auf messbare Leistung und vordergründig verwertbares Wissen gelegt? Der Arbeitsmarkt erfordere ein schnelleres Studium – so wurde die Bologna-Reform begründet. Die Freude auf Unternehmensseite über die „Turbo-Studenten“ hält sich jedoch in Grenzen. Die Kritik an schnurgeraden Einheitslebensläufen mehrt sich. Gute Noten und eine kurze Regelstudienzeit sind nicht alles, sagen viele Unternehmer. Wichtiger seien die Persönlichkeit und eine erste Praxiserfahrung.
Muss dann aber nicht zum Reifen der Persönlichkeit dem sogenannten „Orientierungswissen“ ein viel höherer Stellenwert beigemessen werden?
Das Lernen in den Schulen und später an den Hochschulen sollte doch stärker auch mit der Einübung sozialer Fähigkeiten und Urteilsfähigkeit verbunden werden.
Auch in der Wirtschaft haben sich einige Rahmenbedingungen grundlegend geändert; die zunehmende Internationalisierung durch die Globalisierung und der Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt sind nur zwei dieser Aspekte. Dabei trifft der Fach- und Führungskräftekräftemangel vor allem den Mittelstand.
2. Die Auswirkungen auf die Unternehmen
Die Auswirkungen der beschriebenen und weiterhin anhaltenden Veränderungen im gesellschaftlichen, bildungspolitischen und wirtschaftlichen Bereich sind für die Unternehmen deutlich spürbar.
Die Firmen – und dort speziell das Personalmanagement – müssen sich dieser Veränderungen bewusst sein und darauf mit neuen Strategien und Instrumenten reagieren.
Zu häufig werden jedoch die veränderten Rahmenbedingungen bzw. die Notwendigkeit zu Veränderungen noch ignoriert, sei es aus mangelnder Einsicht oder aufgrund fehlender personeller Ressourcen bzw. Qualifikationen.
Großunternehmen verfügen in der Regel noch über einen gut ausgestatteten Personalbereich, um sich den neuen Herausforderungen zu stellen. Der Stellenwert des HR-Bereichs variiert jedoch von Unternehmen zu Unternehmen. Das lässt sich auch daran erkennen, dass bei Restrukturierungsmaßnahmen oder Kostenreduzierungsprogrammen in Konzernen gerade dieser so wichtige Bereich überproportional häufig betroffen ist.
Der Mittelstand hingegen hat selten die Ressourcen, sich mit den neuen Personalthemen auseinanderzusetzen und hält zu oft auch bei der Personalrekrutierung am alten Erfolgsmodell fest, was den veränderten Rahmenbedingungen nicht gerecht wird und nicht erfolgversprechend sein kann.
Zumeist sind es die Noten, eine stringente Berufsentwicklung und Leistungsnachweise, die auch heute noch bei vielen Einstellungen von neuen Mitarbeitern die zentrale Rolle spielen. Das weit verbreitete Phänomen, dass die Verantwortlichen ihnen selbst ähnliche Bewerber, was Qualifikation und beruflichen Werdegang angeht, einstellen („Hans sucht Hans“), birgt die Gefahr, dass in den Unternehmen keine Reaktion auf den Wandel möglich ist. Wenn immer dieselben Wege beschritten werden, bleibt wenig Platz für neue, frische Ideen und Perspektiven durch Querdenker und Persönlichkeiten mit „Brüchen im Lebenslauf“ (vgl. Henrik Zaborowski).
3. Die Entwicklung rund um Social-Media / Social-Media-Recruiting als Lösung? / „Geheimwaffe“ / Allheilmittel?
Welche aktuelle Entwicklung ist in den Unternehmen zu beobachten? Wie reagieren die Unternehmen auf die Veränderungen?
Während bei einigen Unternehmen alles beim Alten bleibt, flüchten viele Unternehmen gerade bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter unreflektiert in den „Social-Media-Hype“ – größtenteils ohne sich über den Nutzen und die Risiken dieses Vorgehens bewusst zu sein.
Dabei wird über kaum ein Thema derzeit im HR-Bereich so kontrovers diskutiert wie über die Bedeutung, die Chancen und die Risiken von Social-Media-Recruiting.
In vielen – gerade klein- und mittelständischen – Unternehmen sind nicht speziell ausgebildete Personaler oder Mitarbeiter „verführt“ und überfordert, von der leichten Verfügbarkeit und Quantität der zur Verfügung stehenden Kandidatenprofile im Internet. Zu häufig geht dabei aber der Blick für die Qualität verloren. Man findet nicht unbedingt den Kandidaten, den man sucht, sondern die Kandidaten, die verfügbar sind („second best“).
Wie erfolgreich Social-Media-Recruiting in Zukunft sein wird, bleibt abzuwarten.
Noch scheint aus unserer Sicht jedoch der Hinweis wichtig, sich mit SMR kritisch auseinanderzusetzen, vor allem als alleinigem Rekrutierungsinstrument.
Zumal es an einer eindeutigen Definition des Begriffes fehlt und auch eine Abgrenzung von anderen Maßnahmen bei der Suche und Auswahl von geeigneten Fach- und Führungskräften mit Unterstützung des Internets kaum möglich ist.
Keine Zweifel bestehen jedoch daran, dass SMR durch qualifizierten Einsatz sicherlich heute und auch zukünftig ein wichtiges Instrument – in einem Mix – im Rekrutierungsprozess ist und sein wird, aber auch nicht mehr!
4. Faktoren einer erfolgreichen Stellenbesetzung
Aber wie werden heute Stellen wirklich erfolgreich besetzt? Welche Aspekte sind im Auswahl- und Einstellungsprozess bedeutend?
Viele Studien und Artikel haben sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt.
Zusammenfassend ist aus unserer Sicht Folgendes entscheidend:
a) Klar definiertes Anforderungsprofil
Im ersten Schritt müssen sich die Verantwortlichen im Unternehmen klar werden, für welche Position sie wen suchen. Wie sieht das Positionsprofil aus? Wer wird auf dieser Position erfolgreich sein? Wie sieht das Anforderungsprofil aus? Dieses muss klar definiert und von allen Entscheidern gemeinsam erarbeitet worden sein.
b) Die Persönlichkeit als Erfolgsfaktor
Hat nicht eine Studie von Egon Zehnder International gemeinsam mit BMW, Bertelsmann, der Deutschen Bank, Siemens und der Wirtschaftswoche zur Frage „Welche Faktoren machen den Erfolg einer Führungskraft aus?“ ergeben, dass die Fähigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich heute mehr denn je erfolgsentscheidend sind? Die Erfolgreichen können andere Menschen begeistern und überzeugen und lösen Probleme direkt mit den Betroffenen!
Die soziale Kompetenz und damit die Persönlichkeit stellen sich als wichtigste Merkmale für Führungs- und Berufserfolg dar.
Dazu zählen die Beziehungsfähigkeit, ein echtes Interesse am Gegenüber, die Verbindlichkeit und die Übernahme von Verantwortung für andere.
c) Das eigene Netzwerk / Empfehlungen nutzen
Bedenkt man, dass die Persönlichkeit eines Kandidaten, seine Passung zur Unternehmenskultur, zum Unternehmen, zum Team etc. im hohen Maße darüber entscheidet, ob eine Stellenbesetzung erfolgreich ist, so wird klar, warum die eigenen persönlichen Kontakte bei erfolgreichen Einstellungen eine wichtige Rolle spielen.
Ein Nachteil des eigenen Netzwerks ist jedoch, dass es begrenzt ist.
5. Unterstützung durch Personalberater
Wenn sich nun aber die Persönlichkeit eines Kandidaten und die persönlichen Netzwerke als so wichtige Erfolgsfaktoren bei der erfolgreichen Stellenbesetzung herauskristallisieren, warum kürzen dann immer noch viele Unternehmen vor allem bei den Kosten für Personalberater?
Sind es nicht gerade die guten Personalberater, die über ein großes Netzwerk persönlicher Kontakte verfügen? Und gemeint sind hier nicht ausschließlich deren Datenbanken.
Wenn es um die Einstellung von Menschen / Persönlichkeiten geht und man nicht
über die eigenen Ressourcen verfügt, warum dann nicht die Unterstützung durch gute Personalberater in Anspruch nehmen?
Die Vorteile guter Personalberater – die Betonung liegt auf „guter“ – liegen auf der Hand. Sie sind Profis im Beziehungsmanagement, nah am Markt und durch ihr breit gefächertes persönliches Netzwerk gewähren sie auch Zugang zu Zielgruppen, die nicht mit Profilen im Internet vertreten sind.
Sie „kennen“ die Menschen und nicht nur die beruflichen Profile. Sie können einschätzen, ob ein Mensch zur Vakanz, zum Unternehmen passt, denn es geht bei der erfolgreichen Einstellung um viel mehr als um eine Passung von Profilen. Es werden Menschen, Persönlichkeiten eingestellt.
Selbstverständlich nutzen auch Personalberater heute neben ihrem persönlichen Netzwerk -aber kritisch reflektiert- Social Media und Internet zur Recherche und Erstansprache geeigneter Kandidaten, um Menschen dort anzusprechen, wo sie angesprochen werden können und möchten**. Aber gerade das, was die Stärke guter Personalberater ausmacht, ist der sich anschließende persönliche Kontakt. Er ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, dessen Bedeutung sich in Zukunft weiterhin verstärken wird.
Die Qualität der inhaltlichen Auftragserteilung inklusive einer sorgfältigen Erarbeitung eines Anforderungsprofils spielt hierbei eine wichtige Rolle. Wobei es jedoch um vielmehr als um die Aufgabenbeschreibung einerseits sowie Leistungsnachweise und Qualifikationen andererseits geht.
In den Gesprächen mit den Kunden ist es eine wichtige Aufgabe des Beraters, ein „Gespür“ für das Unternehmen und seine Kultur, das Geschäft und die verantwortlichen Personen zu entwickeln. Denn daraus zieht er wichtige Informationen bei der Beurteilung, ob ein Kandidat zum Unternehmen „passt“.
Im Gespräch mit potentiellen Kandidaten ist es dann entscheidend, sich für die Person zu interessieren und nicht nur für die Seiten des Lebenslaufes, die die Person „angeblich“ repräsentieren.
Dies erfordert eine hohe Fach- und Sozialkompetenz sowie Erfahrung, ist sehr zeitintensiv und kann von den HR-Verantwortlichen in den klein- und mittelständischen Unternehmen nur selten ohne externe Unterstützung geleistet werden.
Dies legen auch die Ergebnisse einer durch SRN human resources durchgeführten Unternehmensbefragung mittelstandsgeprägter Unternehmen in Deutschland nahe. Befragt wurden mehr als 150 Unternehmen, u.a. zu den Themen Nachfolgeplanung und der Besetzung offener Stellen speziell im Bereich Fach- und Führungskräfte.
Für weit mehr als die Hälfte der Unternehmen, die an der Befragung teilnahmen, stellt sich die Besetzung solcher vakanten Positionen als sehr problematisch dar. Viele der befragten Unternehmen erwägen deshalb, neben der Unterstützung bei organisatorischen Veränderungen zukünftig auch verstärkt professionelle Unterstützung bei der Suche und Einstellung von Fach- und Führungskräften in Anspruch zu nehmen, um ihre Vakanzen erfolgreich zu besetzen.
Die Vorteile der Besetzung solche Positionen mit Unterstützung durch Personalberater liegen darüber hinaus auch in einem hohen Maß an Diskretion bei der Suche sowie dem Ausdruck der Wertigkeit der Position für das Unternehmen. Vakanzen werden – falls vom Auftraggeber so gewünscht- nicht so schnell öffentlich bekannt, da passende Kandidaten gezielt und diskret angesprochen werden.
Darüber hinaus spiegeln sich in der Ansprache durch einen Personalberater auch der Stellenwert der zu besetzenden Position im Unternehmen und die damit verbundene Wertschätzung für die Kandidaten wider.
Denn „gute Leute“ wollen nach wie vor -heute noch stärker als früher- angesprochen werden und suchen nicht aktiv nach einer neuen beruflichen Herausforderung. In Zeiten, in denen auch die Unternehmen sich bei Arbeitnehmern bewerben müssen, ist die Art und Qualität des Rekrutierungsprozesses als Ausdruck der Unternehmenskultur dabei ein wichtiges Argument.
Sabine Böttcher und Karl-Hans Schlehenkamp